Norderney wird Teil der Energiewende
Norderney. Die Energiewende nimmt weiter Fahrt auf – und die Nordseeinsel wird dabei zu einem zentralen Knotenpunkt. Ziel: Der Bau der Netzanbindungssysteme BalWin1 und BalWin2, über die künftig gewaltige Mengen Windstrom vom Meer bis ins deutsche Stromnetz geleitet werden sollen.
Bis zu 4.000 Megawatt gebündelte Offshore-Windenergie sollen durch die neuen Kabelsysteme fließen – genug Strom, um rund vier Millionen Haushalte zu versorgen. Die Inbetriebnahme ist für 2030 (BalWin1) und 2031 (BalWin2) geplant. „Diese Leitungen sind ein entscheidender Baustein der Energiewende“, betont Energieminister Meyer. Sie sollen vier der insgesamt geplanten 70 Gigawatt an Offshore-Windleistung in Deutschland ans Netz bringen – ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Technisch wie logistisch ist das Projekt anspruchsvoll. Denn bevor der Strom das Festland erreicht, müssen die Kabel zunächst die ostfriesischen Inseln – und damit auch den Nationalpark Wattenmeer – unterqueren. Auf Norderney wird derzeit auf rund 1.100 Metern Länge vom Inselinneren Richtung Watt im Süden gebohrt. Insgesamt sechs Bohrungen sind bis Ende September vorgesehen – je eine pro Kabel. Weitere Bohrungen Richtung Nordstrand sind für 2026 geplant.
Der Netzbetreiber setzt dabei auf eine neue Generation von Stromkabeln mit erhöhter Übertragungskapazität. Anders als bisher, wo pro System zwei Kabel verlegt wurden, kommen bei BalWin1 und 2 jeweils drei Kabel pro System zum Einsatz. Das ermögliche eine effizientere Nutzung des begrenzten Raums und reduziere die Gesamtzahl der nötigen Offshore-Kabeltrassen, so das Niedersächsische Energieministerium.
„Wir stehen zum Offshore-Ausbau und treiben ihn voran“, sagte Meyer. „Dank neuer Techniken können wir noch effektiver werden und den knappen Raum besser nutzen.“
Kritik von Umweltschützern
Doch das Großprojekt ruft auch Kritiker auf den Plan. Mehrere Umweltverbände in Niedersachsen mahnen, die aktuellen Planungen gefährdeten das empfindliche Ökosystem des Wattenmeers, das als UNESCO-Weltnaturerbe unter besonderem Schutz steht. Sie fordern ein grundlegendes Umdenken bei der Trassenführung künftiger Stromleitungen.
Der Netzbetreiber Amprion verweist hingegen auf modernste Bohrtechniken und Umweltverträglichkeitsprüfungen, die eine möglichst schonende Umsetzung der Maßnahmen gewährleisten sollen.
Parallel zu den Bohrungen für BalWin1 und 2 arbeitet Amprion vor Norderney auch am Offshore-Netzanbindungssystem DolWin4, dessen Bau bereits 2022 begonnen wurde. Auch dieses Projekt ist Teil des großangelegten Netzausbaus, mit dem der aus der Nordsee gewonnene Windstrom künftig zuverlässig auf das Festland gebracht werden soll.
